27
inken, von ihnen +Gahwe+ und von Arabern Lorbeeren genannt, welches mehrentheils von Gerste und andern Sachen gemacht wird. Sie kochen ganze Kessel voll, pflegen es den Gästen in kleinen irdenen oder porzellanenen Schüsseln siedheiß zu geben. Solches trinken die Türken, wie auch die Araber, so warm sie immer können, jederzeit ein Schlücklein auf einmal, bis es aus ist. Welches gar ein gemeiner Brauch bei ihnen, dieses Wasser zu trinken, bei Tage, wie auch Morgens und Abends. Etwa bei fünfzig mehr und minder sitzen da und dort beisammen; währet oft lang mit Trinken, Reden und Konversiren; wird aber Keiner von dem gedachten Wasser betrunken. Sie vermeinen, es trockne die Flüsse auf, und sei gar ein gesundes Wasser.“
Ich vergesse des +Adam Wenner+ nicht, welcher im Jahr 1616 nach Konstantinopel gereiset ist. „Die Kafuannen,“ sagt er, „sind Häuser, in welchen schwarz Wasser gesotten und von Türken und Andern täglich warm getrunken wird, so dem Magen und sonst sehr dienlich. Sie sitzen gemeiniglich einen halben Tag dabei, spielen im Schach und Bret (darinnen sie trefflich erfahren), aber um kein aufgesetzt Geld, sondern wer für den Andern die Zeche zahlt. Eben an solchen Orten finden sich auch Personen, welche unterdessen von ihrer Kaiser und anderer Vorfahren Thaten, auch Historien öffentlich lesen, und hernach deßwegen von den umsitzenden Zuhörern etwas Geld bekommen.“
Wie mühsam mußte man ehemals thun, um sich den Abendländern verständlich zu machen, daß von Kaffee die Rede sei. Dieser Fremdling war damals ein selten Ding in der großen Schatzkammer der Gelehrten, und jetzt kennt ihn jedwedes Kind. Haben +Rauwolf+ und +Schweigger+, +Alpinus+ und +Ammann+, +Wenner+ und Andere geahnt, daß das schwarze Wasser einst eine Weltherrschaft ausüben, und die besorglichen Aerzte des Abendlandes dasselbe beklagen werden? Die Götter allein entziffern die Zukunft.
Schneller Justizgang.
In Egypten wird gerichtet und sogleich vollzogen. Das hat wohl sein Gutes, aber auch sein Schlimmes. Durch den +langsamen+ Gang der Justiz windet sich am Ende mancher Schuldige hinweg, und im +kurzen+ Gange wird mancher Unschuldige erdrückt.
Ein Deutscher geht mit einer Flinte auf die Jagd. Auf dem Wege bleibt er in einer Nilbarke über Nacht. Er legt seine Flinte neben sich. Morgen ist sie nicht mehr. Er wendet sich an die Polizei; der Barkenführer (el-Reis) mit ihm. Der Polizeidirektor läßt auf den Vortrag des Franken, ohne weitere Umstände, dem Barkenführer hundert und zwanzig Hiebe auf die Fußsohlen messen, weil er nicht besser für das Eigenthum des Reisenden gesorgt habe, und es kaum möglich sei, daß ohne sein Einverständniß hätte etwas gestohlen werden können. Zugleich muß der Reis für den Schaden einstehen.
Das ist ein Beispiel von dem schnellen egyptischen Justizgange; der Fall ereignete sich eben während meines Aufenthaltes in Kairo.
Die Sache von geringem Belange richtet und exequirt der Franke selbst. Hochmüthig treibt er sich ordentlich in Kairo mit der Peitsche herum, und traktirt damit den Araber, sobald dieser ihm nicht den Weg räumt. Lebt in Egypten nicht noch die alte flotte Zeit der deutschen Studenten, welche eben so hoch über die obskuren Philister trabten? Andere Male regalirt der Franke mit Stockschlägen, mit Ohrfeigen oder Fußstreichen. Kaum wehrt sich der Araber dagegen; viel weniger würde er Gleiches mit Gleichem vergelten. Wie müssen die Leute gesunken sein, welche, der Zahl nach, die Herrscher des Landes sein könnten, und sich von Fremden, ich will nicht sagen, von Andersgläubigen, auf eine Weise mißhandeln lassen, wie man in Europa nicht überall die Thiere behandelt.
Der egyptische Tanz.
Man machte früher viel Aufhebens von den Bajaderen. Man bekommt sie heutzutage minder oft zu sehen. Gleichsam ein Spiel des Zufalles rief mich auf den Schauplatz des so seltsamen Tanzes.
Ein arabisches, züchtig gekleidetes Mädchen oder, wenn ich der Versicherung trauen darf, gar ein Soldatenweib stellte sich in die Mitte des Zimmers. Es wollte seinen Gesichtsschleier nicht lüften, denn ein häßlicher Mund versäuerte das sonst süßliche Gesicht. Nirgends zeigt man dasjenige gerne, was eine vortheilhafte Meinung trüben könnte. Die Hände stemmte die Tänzerin auf die Flanken des Leibes. Nun bestand der Tanz darin, daß das Mädchen die Hüften rasch in die mannigfachsten Bewegungen setzte, während der Körper, so viel als möglich, steif gehalten wurde. Dieß nahm ein ganz sonderbares Aussehen an, und ich mußte die eigenthümliche Art, das Becken zu bewegen, in der That bewundern. Der Schein meiner Bilder blieb weit hinter der Wirklichkeit zurück. Diese Bewegungen kosteten gewiß Mühe und Anstrengung[19], letztere augenscheinlich in dem Maße, daß den tiefbraunen Grund des Gesichtes ein dunkles Blau überflog. Mit den Füßen machte das Mädchen wenig Bewegungen, nicht einmal viel trippelte es, und nicht das Kreisende zeichnet den egyptischen Tanz aus. Die Bajaderen singen wohl auch; unsere ließ sich selten hören. Ein ältliches Weib pauckte mit ausgelassenen Geberden und schmetterndem Sange einen Tambour zum Tanze.
Nachdem die junge Bajadere ihre Rolle geendet, wollte auch die ältere Matrone eine übernehmen. Sie schürzte den Rock ein wenig auf, und gürtete ihn also um den Leib. Wie wahnsinnig trieb sie den Schooß nach allen Richtungen. Das Alter schützt vor Thorheit nicht. Jetzt bedurfte ich nicht des Mehrern, um mich von dem Unanständigen des Tanzes vollkommen zu überzeugen.
Noch unanständiger erscheint der Tanz beim Manne. Er schürzt ebenso den Rock auf, und rüttelt auf gleiche Weise das Becken. Derjenige Tänzer, welcher seine Fantasien auf unserer Nilfahrt zum Beßten gab, führte auch ein Stöckchen in der Faust, und Männer an der Reihe klatschten mit den Händen den Takt.
Wenn der Fremde diesem Beckentanze zuerst zuschaut, so kann er Anfangs wohl das Lachen nicht verhalten. Nachher gewinnt er Zeit, seine moralischen Betrachtungen anzustellen.
Ich möchte den egyptischen Tanz nicht verlassen, ohne einer Merkwürdigkeit aus dem Jahre 1582 zu gedenken.
An dem mehrerwähnten großen Prachtzug, zu Ehren des neubeschnittenen kaiserlichen Prinzen +Mehemet+, schloß sich der Dulumtschi-Pascha oder der Hauptmann der Fünfhundert mit den geschmierten Ziegenhäuten. Er entblößte sich oberhalb des Gürtels, entkleidete sich bis aufs Hemde, geberdete sich seltsam mit Kopf und Augen, Händen und Füßen. Hierauf zog er das Hemde über den Kopf, machte in dünnen leinenen Hosen seltsame Sprünge, tanzte, zog den Bauch bald ein, bald trieb er ihn hervor, warf die Hüften hin und her, daß es schändlich und abscheulich zu sehen war. Allein die Türken fanden daran Wohlgefallen, lachten des Tänzers und lobten ihn. Es wäre freilich voreilig, von dieser Einzelnheit auf den sittlichen Karakter überhaupt zu schließen. Große Volksfeste haben jederzeit einzelne Ausbrüche von Rohheit in ihrem Gefolge.
Der Brautzug.
Voran lärmen Tambour und Pauken. Hier Männer, dort Knaben, hier ein Halbblinder, dort ein Zerlumpter schlagen darauf los: Alle in Unordnung, in ungleicher Reihe, in ungleichem Schritte, ohne Ernst, herumgaffend, und die Knebel oder Stäbchen scheinen ohne Takt auf die Felle zu fallen, wie die Regentropfen auf die Erde. Im Reiche der Töne Mangel an Takt, wie an den Gebäuden Mangel an Ebenmaß. Daß dem Egypzier etwas gefalle, muß es ein Spiel der Einbildung sein, das kaum Schranken kennt. Jetzt kommen hübsch geputzte Knaben in besserer Reihe, in geschlossener Ordnung. Sie tragen schönfarbige Krüge von antiker Form. Daraus sprengen sie wohlriechende Flüssigkeiten; so das Rosenwasser, welches, wie frische Rosen im Garten, den süßen Geruch düftet. Die Weiber mit ihren Lappen über das Gesicht, diese Masken schreiten zierlicher daher, je zwei neben einander, eines mehr wie das andere bestrebt, damit hochlaut aus ihrer Kehle das Freudengeschrei erschalle, welches dem Froschgequak am Nile oder dem Laute ähnlich ist, wenn bei uns die Kinder, die Stimme erhebend, mit dem Finger über die etwas hervorgestreckten Lippen auf- und abwärts klimpern. Je näher dem Traghimmel, desto schmuckreicher die Weiber; ihr Gesichtsschleier prangt von größern und kleinern Goldstücken, und sie heben ihre Arme aus den weiten, faltigen Seidengewändern, gleich dem Priester, welcher das Volk benedeit. Einen runden Wedel, auf dessen einer Seite die Eitelkeit ein Spiegelchen anbrachte, hält ein Weib in der Hand. Es bietet alle seine Rührigkeit auf, damit die Braut zu befächeln. Andere Weiber spritzen wohlriechende Flüssigkeiten. Männer mit kleinen Stäben gebieten und schaffen zur Seite links und rechts Ordnung. In der Mitte zwei schön gekleideter Weiber, unter dem von vier Männern getragenen blutrothen Baldachin +erblickst du die Braut+. Der Europäer möchte gern ihre Schönheit bewundern. Vergeblich; sie ist in einem rothen Schleier so ganz und gar verhüllt. Den Kopf kleidet fürstlich ein kronartiger Aufsatz. Um die Stirne und das Gesicht drängt sich ein Goldstück an das andere, ein Edelstein an den andern; die Braut legt mit morgenländischer Ueppigkeit hier Alles zur Schau, was sie nur Glänzendes auftreiben konnte. Geblendet von den ausgehängten Kostbarkeiten, wünscht man beinahe nicht weiter zu schauen, obschon das Geheimnißvolle die Neugierde stachelt; denn man fürchtet, bei gelichtetem Schleier, mit getäuschter Phantasie das Auge wegwenden zu müssen. Hinter dem Baldachine schalmeien sie in das Getümmel der Pauken und Tambour. Langsam schreitet der Zug, aber immer noch rasch für das neugierige Auge, um das Mannigfaltige aufzufassen.
Wenn der Zug mehr oder weniger pompös ist, so gibt es noch manche Zugaben und Anderes mangelt.
Einmal gerieth der Brautzug ins Gedränge in einer ziemlich schmalen Gasse; denn es kam ein langer Zug Kameele, deren Ladung am Bauche wie ein Kobold hin- und herpurzelte, und durch ihre Gespenstergröße die Gasse buchstäblich mehr als halb füllte. Ich befand mich eben am Baldachine, und die kleine Braut rückte mir nahe. Nur ihre Nase prägte sich unter dem anliegenden, rothen Sc